Zum Hauptinhalt springen

Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch BSE?

Am Freitag, 23.02.2001, hielt in der 6.+7. Stunde Herr Dr. Hartmut Krüpe, stellvertretender Leiter des Zentrallabors des städtischen Klinikums Fulda, einen Vortrag über die Gefahren, die von BSE für den Menschen ausgehen.

Neben der zu trauriger Berühmtheit gelangten spongiformen Encephalopathie des Rindes (Bovine SE) sind Scrapie bei Schaf und Ziege sowie vergleichbare Erkrankungen bei Katzenartigen, Nerz, Maultier, Hirsch, Elch und Antilope bekannt.

Die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE), im Volksmund kurz "Rinderwahnsinn" genannt, ist eine tödliche Infektionskrankheit. Ausgang der Epidemie in Großbritannien und Nordirland war, so eine Annahme, das Verfüttern von Tiermehl mit Erregern der Schafseuche Scrapie und später mit BSE. Auslöser war wahrscheinlich ein geändertes Produktionsverfahren des Tiermehls: Die Temperatur wurde abgesenkt und die Fettextraktion mit organischen Lösungsmitteln unterlassen. Die Verfütterung von infektiösem Tiermehl stellt nach heutigem Kenntnisstand der Wissenschaft den wichtigsten Übertragungsweg dar; andere sind jedoch nicht auszuschließen, z. B. vom Muttertier auf das Kalb.

BSE zählt zu den Transmissiblen Spongiformen Enzephalopathien (TSE), den übertragbaren schwammartigen Gehirnerkrankungen, die alle

  • grundsätzlich übertragbar und somit eine Infektionskrankheit sind.
  • ausnahmslos tödlich enden.
  • Als Zielorgan das Gehirn haben, wo durch Proteinablagerungen die Nervenzellen zugrunde gehen und ein löchriges, schwammartiges Hirn zurück bleibt.
  • lange und variabele Inkubationszeiten bei langlebigen Tierarten und Menschen von mehreren Jahren bis Jahrzehnten umfassen.
  • vergleichsweise kurze und meistens nach wenigen Monaten mit dem Tode endendende Krankheitsphasen aufweisen, wobei das Immunsystem nicht reagiert.

TSE sind seit langer Zeit auch beim Menschen bekannt als

  • die seit 1920 sporadisch auftretende Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJD).
  • Kuru bei einem Eingeborenen-Stamm in Papua-Neuguinea. Aus rituellen Gründen verzehrten Stammesangehörige Hirne der Verstorbenen.
  • die familiär gehäuft auftretenden Erkrankungen Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom und die Fatale Familiäre Insomnie.
  • die neue Variante der CJK (nvCJK), die vermutlich auf den Verzehr von BSE-infiziertem tierischen Produkten zurückzuführen ist. Die Inkubationszeit ist unbekannt. Bis jetzt wurde im Vereinigten Königreich die neue Variante von CJK über 80 mal sicher oder mit großer Wahrscheinlichkeit diagnostiziert. Wie viel Fälle der neuen Variante in Zukunft zu erwarten sind, darüber können keine verlässlichen Aussagen getroffen werden.

Auf der Suche nach dem Erreger für TSE wurde eine besondere Form von Eiweißen entdeckt, die sogenannten Prionen. Es handelt sich dabei im Prinzip um körpereigene Eiweiße , die jedoch erhebliche strukturelle Veränderungen aufweisen. Es stellte sich heraus, dass Prionen auch bei den obigen anderen seltenen Krankheiten bei Tieren und Menschen eine Rolle spielen. Da diese veränderten Eiweiße (Prionen) all diesen Erkrankungen zu Grunde liegen, fasst man sie neuerdings unter dem Begriff Prionenkrankheiten zusammen. Der Neurologe Stanley Prusiner erhielt 1997 für die Aufstellung einer Theorie über die Natur der Prionenkrankheiten den Nobelpreis für Medizin.

Eine mögliche BSE-Übertragungsgefahr vom Rind auf den Menschen geht von erregerhaltigen Rinderorganen und daraus gewonnenen Produkten aus. Dazu gehören Lebensmittel, Medikamente und Kosmetika. Der Übertragungsweg über die Nahrung gilt als der wahrscheinlichste.

Todesfälle durch die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
(nvCJD = vCJD = vCJK)
Last Update: 15. Februar 2001

Jahr Tote in Großbrit. Tote in Irland Tote in Frankreich Tote in Portugal Tote in der Schweiz Tote in Deutschland
Stand: 15.02.2001 16.11.2000 31.12.2000 31.12.2000 15.02.2001 15.02.2001
1995 3          
1996 10          
1997 10   1      
1998 18          
1999 15          
2000 26   2      
2001 1) 1          
Summe: 83 1 2) 3      
             

1) 1 Tote + ?? Tote mit noch ausstehendem pathologischen Befund + ?? Todkranke.
2) 1 weiterer Verdachtsfall.

Der BSE-Erreger verursacht mit hoher Wahrscheinlichkeit beim Menschen die neue Variante der CJK. Der endgültige wissenschaftliche Beweis steht aus, doch viele Indizien sprechen dafür, z. B.

  • Natürlich vorkommende Prionen von Rindern und Menschen sind nahezu identisch. Nur bei der Verteilung der elektrostatischen Ladung auf der Oberfläche der Moleküle gibt es Abweichungen.
  • BSE- und nvCJK-Prionen verursachen bei infizierten Mäusen die gleichen Symptome; Inkubationszeit und Krankheitsverlauf sind nahezu identisch.
  • Die von der nvCJK betroffenen Personen waren im Gegensatz zu den herkömmlichen CJK-Fällen in der Regel jünger (nvCJK: Durchschnittsalter: 29 Jahre; CJK: Durchschnittsalter:65 Jahre nach WHO Fact Sheet No 180, November 2000).
  • Das Krankheitsbild der nvCJK weist gegenüber der herkömmlichen Form einige Besonderheiten auf (z. B. anfängliches Fehlen von EEG-Veränderungen).
  • Der zeitliche und örtliche Zusammenhang von BSE und nvCJK deutet epidemiologisch eine ursächliche Beziehung an: Beide begannen in Großbritannien; BSE tauchte in den achtziger Jahren auf, die nvCJK rund 10 Jahre später.

Im Anschluss an den den Vortrag fand eine rege Aussprache mit den Schülern der Jahrgangsstufe 13 statt. Neben weiteren fachlichen Aspekten, z. B. bezüglich der Prionenstruktur und ihrer physiologischen Bedeutung, spielten dabei insbesondere diagnostische Verfahren sowie Übertragungswege von BSE auf den Menschen eine große Rolle. In diesem Zusammenhnag wurde immer wieder das große Interesse an Präventivmaßnahmen für den Menschen und seine Ernähruing deutlich. Bestehende Ängste konnten dabei zum großen Teil nicht ausgeräumt werden, da bis heute die Forschungsergebnisse noch sehr lückenhaft sind.

Der lange anhaltende Applaus am Ende der Veranstaltung zeigte, dass es Hernn Dr. Krüpe mit seinem engagierten Vortrag die Zuhörer für die Thematik zu sensibilisieren und soweit möglich aktuelle Informationen weiter zu geben.