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Botschafter des Friedens

Am Freitag, dem 18. August 2000, besuchte eine Gruppe von russischen Kriegsveteranen unsere Schule. Sie kamen als Botschafter des Friedens und der Völkerverständigung nach Fulda. Die Diskussion mit der Jahrgangstufe 12  wurde von einem Vortrag zweier Schüler des Geschichte LK in die Thematik "Stalingrad" und einem kurzen Filmbeitrag eingeleitet. Das Ziel war eine Aufklärung über die Grausamkeit des Krieges und den wahren Wert des Friedens.

Auszug aus dem Vortrag des Geschichte LKs:

Der Krieg im Osten
Am 22.06.1941 startete die deutsche, 3 Millionen Mann starke, “Operation Babarossa” gegen die Sowjetunion, ohne eine vorherige Kriegserklärung. Ziele waren die Gewinnung von Lebensraum im Osten und der von Hitler geplante totale Vernichtungskrieg gegen den Bolschewismus. Die deutsche Blitzkriegtaktik ging anfangs auf und brachte große militärische Erfolge für die deutsche Wehrmacht. Mit dem Wintereinbruch blieben die mit Nachschubproblemen belasteten, motorisierten Heeresverbände 30 km vor Moskau stecken. Im Sommer 1942 kam die Offensive wieder ins Rollen mit dem Ziel die sowjetischen Rohstoffqellen einzunehmen. Erst im darauffolgenden Herbst wurde das im Süden der Sowjetunion liegende Stalingrad ein wichtiges strategisches Ziel für Hitler, der den russischen Nachschubsweg an der Wolga unterbrechen und zu den kaukasischen Ölfeldern vorstoßen wollte.

Die Schlacht um Stalingrad
Am 2. September 1942 beginnt die deutsche 6. Armee mit der Belagerung der Stadt Stalingrad. Die 6. Armee bestand ursprünglich aus 300.000 Soldaten, 100 Panzern, 100.000 Fahrzeugen und 1.800 schweren Geschützen. Dem Oberbefehlshaber der deutschen Armee, General Paulus, stand der russische General Lopatin gegenüber, der mit seiner 62. Armee die Verteidigung der Stadt übernahm.

Der russische Oberbefehlshaber Jeremenko ersetzte General Lopatin durch General Tschuikow, der aus dem Fernen Osten gekommen war, um die Stadt zu verteidigen. Sein Plan war einfach: Stalingrad retten, oder sterben. Doch anfangs behielten die deutschen Soldaten die Oberhand und begannen mit der systematischen Besetzung der Stadt. Nach erbitterten Häuserkämpfen bei -40 Grad Celsius war fast die ganze Stadt von den Deutschen eingenommen worden. Auch die Zivilbevölkerung der Stadt hatte Schlimmstes zu erleiden, obwohl die meisten Stalingrad vor der Schlacht hatten verlassen können. Der russische General Tschuikow stand kurz vor der Aufgabe der Stadt, doch in diesem Moment erreichte Paulus ein unerwarteter Befehl: Alle Kampfhandlungen an der Stalingradfront seien einzustellen.

Ab jetzt wendete sich das Blatt. Die russische Armee begann mit einem Gegenangriff. Nach heftigen Panzergefechten um die Stadt brachen die Flanken der sich in einem schlechten Zustand befindenden italienischen, rumänischen und ungarischen Armeen. Die 6. Armee war somit abgeschnitten und in Stalingrad eingekesselt. Ein möglicher Ausbruchsversuch wurde von Hitler zunichte gemacht, er befahl das Einigeln in der Stadt.

Das Unternehmen 350.000 Soldaten aus der Luft zu versorgen scheiterte. In erbitterten Luftkämpen verlor die deutsche Luftwaffe 488 Flugzeuge und 1000 Männer, fast so viele wie in der Luftschlacht um England. Insgesamt befanden sich über eine Millionen Menschen in der eingekesselten Stadt. Im Winter 1942-43 verhungerten oder erfroren viele Soldaten im Kessel. 18.000 Verwundete konnten nicht mehr medizinisch versorgt werden. Krankheiten wie Typhus wüteten überall.

Auch die russische Offensive war weiter vorangekommen. Am 8. Januar 1943 wurde ein Kapitulationsangebot durch den Befehl Hitlers abgewiesen, bereits am darauffolgenden Tag griffen die Russen wieder an und am 26.Januar vereinigten sich die 21. und die 62. Russische Armee. Hitler ernannte Paulus am 30. Januar zum Generalfeldmarschall und erwartete nur noch seinen Selbstmord.

Bereits am 31. Jan. 1943 waren die Kämpfe so gut wie eingestellt, die Reste der 6. Deutschen Armee kapitulierten bis zum 2. Februar. Paulus ging mit mehr als 91.000 Mann, 2.500 Offizieren und 24 Generälen in russische Gefangenschaft. Monate nach der Schlacht gab Stalin bekannt, daß auf dem Schlachtfeld Stalingrad 146.300 deutsche Gefallene aufgesammelt und verbrannt worden seien. Die Stadt selbst war völlig zerstört.

Folgen der Niederlage
Die Kapitulation war weit mehr als eine verlorene Schlacht für das 3. Reich, sie bedeutete die Wende im Krieg an der Ostfront. Die russischen Verbände eroberten von nun an ihre Gebiete wieder zurück. Für die Deutschen war die Niederlage in Stalingrad eine bis dahin unbekannte Erfahrung, die an der Überlegenheit der deutschen Soldaten zweifeln ließ. Die Kriegsmoral in ganz Deutschland sank. Somit war die Schlacht in Stalingrad eine der kriegsentscheidenden Faktoren des 2. Weltkrieges.

Verlauf der Diskussion:
Es entwickelte sich eine lebhafte Diskussion mit den drei Veteranen Esterman Wladimir Alekseewitsch, Scherbinin Boris Petrowitsch und Sresnikov Iosif Jakowlewitsch. Die Schüler und einige Lehrer stellten ihre Fragen an die drei Männer, welche die Hölle eines Vernichtungskrieges erlebten. Außerdem erzählten die drei Kriegsveteranen auch über den heutigen Zustand ihrer nun in Wolgograd umbenannten Stadt.
 
Sie berichteten über den internationalen Studentenaustausch und über die einzelnen Institutionen und Sehenswürdigkeiten der Stadt. Anschließend schilderten sie ihre persönliche Kriegserfahrungen und ihre daraus folgende Einstellung zum Krieg. Die drei Botschafter kamen dabei immer wieder auf das Thema Frieden zu sprechen. Sie versuchten zu vermitteln, welch große Bedeutung der Frieden hat und dass etwas wie Stalingrad bzw. der Zweite Weltkrieg allgemein sich niemals wiederholen darf.

Nach zwei Stunden musste dann zum Bedauern beider Seiten die Diskussion abgebrochen werden. Es wurden Geschenke ausgetauscht und Schulleiter Dr. Gossenreiter bedankte sich bei den Veteranen für ihr Kommen.
(Erstellt von Ulf Pötzl und Michael Möller)