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Ein klares Nein zur genetischen Untersuchung

Die Aula war voll und das Thema spannend: Viele Impulse zur Präimplantationsdiagnostik (PID) erhielten Schüler des Marianums durch ein Podiumsgespräch, bei dem aus religiös-ethischer, medizinischer und politischer Sicht zur PID Stellung bezogen wurde.
Die jungen Leute aus den Stufen 12 und 13 gaben ihrerseits mit Fragen Denkanstöße. Gäste bei dieser Veranstaltung der neuen Reihe „Forum Marianum“ waren Bischof Heinz Josef Algermissen, der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Brand und Gynäkologe Dr. Alfons Kraus. In seiner Begrüßung hob Schulleiter Dr. Lothar Schöppner die Notwendigkeit hervor, sich zu der herausfordernden Thematik eine Meinung zu bilden. Er würdigte gemeinsamen den Brief, den Algermissen und sein evangelischer Amtskollege Bischof Dr. Martin Hein dazu an Politiker geschrieben haben. Brand begrüßte das Schreiben ebenfalls: „Die großen Kirchen haben dann eine starke Stimme, wenn sie zusammen auftreten.“

Die drei Gäste sprachen sich in der von Diplom-Theologe Johannes Reipen moderierten Runde für ein komplettes Verbot der PID aus. Sie befürchten, dass einmal zugelassene Ausnahmen bald keine mehr sein würden.

„Wenn es ums Leben selbst geht, muss man ganz kategorisch sein und darf nicht lavieren“, unterstrich Algermissen. Er bekräftigte seine Überzeugung, „dass der Embryo sich als Mensch entwickelt und nicht zum Menschen“. Die Eizelle sei nach der Befruchtung auf die volle Personalität hin angelegt. „Im Entwicklungsprozess des Embryos gibt es später keine vernünftige Grenze mehr, die man als Beginn des Personseins definieren könnte“, so der Bischof. Er kritisierte, dass durch künstliche Befruchtung entstandene Embryos mit Hilfe der PID im Falle von genetischen Schädigungen quasi „aussortiert“ werden könnten. Algermissen: „Diese Diagnostik führt zur Selektion menschlichen Lebens.“ Auf die Frage eines Schülers betonte er, dass die Kirche sich nicht nur für das ungeborene, sondern auch für das geborene Leben einsetze, sprich für Kinder und deren Familien: „Sonst wäre unser Engagement verlogen.“

Wie dem Oberhirten geht es Brand nicht zuletzt um das Lebensrecht von Menschen mit Behinderungen. „Haben wir in Deutschland das Recht zu entscheiden, was lebenswert ist und was nicht?“, fragte Brand auch mit Blick auf die nationalsozialistische Vergangenheit. Seine Antwort war ein klares Nein. Eine Schülerin gab zu bedenken, ob man behinderten Mitbürgern durch die Möglichkeiten der PID nicht den Eindruck vermittle, „dass sie eigentlich unerwünscht sind“.

Nach Überzeugung des Bundestagsabgeordneten gibt es kein Recht auf ein gesundes Kind. Außerdem seien viele „Heilsversprechen der Medizin“ nicht Wirklichkeit geworden. Brand sieht die Gesellschaft in Lebensrechtsfragen „auf einer schiefen Ebene nach unten“. Er trägt im Bundestag denjenigen der drei vorliegenden Gesetzesentwürfe mit, der ein striktes Verbot der PID zum Ziel hat. Die anderen Entwürfe sähen Ausnahmefälle vor, und man müsse sich fragen, wer denn befugt sei, zum Beispiel in einer Ethikkommission diese Ausnahmen mit so weitreichender Folgewirkung zu definieren, erklärte der Politiker.

Alfons Kraus, vor seiner Pensionierung Leitender Oberarzt im Klinikum Fulda, erläuterte, wie man mit der PID zum Beispiel genetisch bedingten, starken Krebsrisiken den Kampf ansagen wolle. Diese Diagnostik finde bei vielen Zustimmung, „denn der Mensch versucht, Leid von sich fernzuhalten“. In den USA würden aber zehn Prozent aller PID-Untersuchungen deshalb durchgeführt, weil es den Paaren um das ihrer Ansicht nach richtige Geschlecht gehe. Für Kraus hat die „Heiligkeit des Lebens“ oberste Priorität. Er plädiert für ein Verbot der PID, denn nach seiner Überzeugung würden auch „enge Indikationen“ ein Tor für Missbrauch bei der Anwendung weit öffnen.

Text: B. Nolte-Schunck (auch in der FZ vom 01.04.2011)